Fidibus

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M. Eitner-Acheampong, Michael Mechel

UA Theater "Horch und Guck" Leipzig 1997
Regie: Armin Petras

 

"Fidibus" (...) ist realistisches Menschentheater. Auf dem Sofa sitzen weder Spießer noch Monster. Es sind Elende, Menschen, die nicht Hohn verdienen, sondern Erbarmen.

-TAGESSPIEGEL zur Inszenierung in Leipzig Vollständige Kritik...

 

Ist Frank Sporkmanns "Fidibus" im Ballhof 2 eines dieser bemüht avantgardistischen Experimente? Keineswegs. Es ist ein kompaktes Stück Theater, dessen Besuch sich auf jeden Fall lohnt!

-BILD Hannover

 

Das Auf und Ab der Emotionen, Abschweifung und Aufeinanderprall, Forcierung und Verzögerung der Eskalation auslotend, hinterlässt das brandheiße "Spiel" tiefen Eindruck.

-NORDKURIER zur Inszenierung Neubrandenburg/Neustrelitz


 

 

 

Dame zu Dritt

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Ehrhard Schmidt (Brotzki), Eugen P. Herden (Korf) und Gerd Micheel (Silberstein)

UA Volkstheater Rostock 1989

 

Mit dieser hintersinnigen Farce, die immer haarscharf am Abgrund balanciert und darin politische Konterbande versteckt, sich vielleicht überhaupt als politische Parabel lesen lässt ... debütierte nach der "Wende" ein Vierunddreißigjähriger. Sporkmann besitzt offenbar eine gehörige Portion Witz, den er "sophisticated" einsetzt.

-Werner Schulze-Reimpel in THEATER HEUTE/ Heft 6 Juni 1990

Es hat eine Aufführung gegeben, kurz nach der Wende in Rostock. Sie wurde auch auf dem Heidelberger Stückemarkt gezeigt. Das war ein ganz merkwürdiges Stück "Dame zu dritt oder die Nulldynamik der alten Männer". Das war ein sehr böser Seitenhieb auf die Politgreise der untergegangenen DDR. Es hat aber auch Stücke von ihm gegeben, beispielsweise ein Stück, das er noch vor der Wende 1989 geschrieben und dafür natürlich keinen Verlag gefunden hat: "Das Heim". Da hat er einen ganz utopischen Grundeinfall, nämlich, dass die DDR-Regierung zurücktreten werde und von sich aus mit der Schadensbegrenzung bzw. Wiedergutmachung beginnen würde. (...) Fidibus ist die zynische Bezeichnung eines Spiels, eines pervers-brutalen Spiels, das ein Stalingradkämpfer mitgebracht hat (...) Und dieses Spiel besagt folgendes: Dem Delinquenten werden Zeitungsbüschel um die Hüfte gehängt und die anderen müssen versuchen, das anzuzünden. (...) Ich glaube nicht, (...) dass es ein abonnementförderndes Projekt wird, aber (...) das Stück ist notwendig.

- Volker Trauth im DEUTSCHLANDRADIO am 21.10.1997

 

 

Der Weltveränderer

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Moisej Bazijan (Weltveränderer) und
Martin Lüning (Jakob)

UA Theater Blaue Maus München 2004

 

Nun sagten Sie, dass bislang ein Stück von Sporkmann aufgeführt wurde, dieses ist das zweite. Sollte es, aller guten Dinge sind drei, auch ein drittes geben? Trauth: Es gibt zum Beispiel ein Stück, das ich zwar noch nicht gelesen, davon aber Interessantes gehört habe: "Der Weltveränderer". Ein großes , ein Zwei-Personen-Stück. Da geht es um die traurige Rolle der Intelligenz. Ein großes Thema, ein weites Feld, und ich denke, dass dieses Stück es verdient, gespielt zu werden. Ich glaube, dass Leipzig auch an diesem Stück arbeitet.

-Kritik von Volker Trauth für Deutschlandradio am 21.10.97


 

 

 

Süddeutsche Zeitung

Donnerstag, 2. August 1990

Dichterin von Richtsprüchen
Ob nun Türkisch angesagt ist oder Griechisch, Spanisch, Englisch oder Jugoslawisch: Eva Bergmeier bringt so schnell nichts aus der Fassung. Mindestens ein, zwei Sätze beherrscht sie in jeder dieser Sprachen. Eva Bergmeier braucht ihre Fremdsprachenkenntnisse für ein ungewöhnliches Hobby: Sie dichtet Richtsprüche und trägt sie auf den Baustellen selbst vor. Dabei hat sie es sich zum Prinzip gemacht, den Dank des Bauherrn auch an die ausländischen Bauarbeiter weiterzugeben und zwar in deren Muttersprache. Mit dem Dichten und Schauspielern hat die eingefleischte Münchnerin - "um Gottes willen, i mecht nirgends anders wohnen" - bereits in der Kindheit angefangen. Schon im Kindergarten haben ihr die Weihnachtsaufführungen einen "Riesenspaß" gemacht. Nach dem Besuch der Volksschule am Elisabethplatz und des Luisen-Lyzeums war sie fünf Jahre lang in Immenstadt im Internat. Hier hat sie dann angefangen, auch selbst Gedichte zu schreiben meistens für Freundinnen zum Geburtstag.
Nach der Schulzeit arbeitete sie anfangs in einer Wirtschaftsprüferkanzlei, verfaßte weiter "personenbezogene Gedichte" - wie sie das nennt - und spielte Theater. Ihre erste Gage bestand aus zwei Prinzregententorten pro Abend, als sie im Apollo-Theater zusammen mit Fee von Reichlin, Oskar Paulig und Klaus Havenstein ("sooo ein schmales Bürscherl damals") auftrat. Auch in der Katakombe und im Volkstheater in der Au war sie schon zu sehen, außerdem bei zahlreichen privaten Festen und Veranstaltungen. An den Auftritt in einem Eheanbahnungsinstitut erinnert sich die "auf eigenen Wunsch glücklich geschiedene" Eva Bergmeier noch sehr gut: "Ich hab gsagt, ich komm nur, wenn da unten keiner für mich hockt und ich solo wieder heimgehen kann."
Auf die Richtspruch-Dichterei kam sie durch ihre Arbeit als Chefsekretärin in der Bauabteilung der Oberfinanzdirektion: Da sie sich auf dem Bau auskannte und auch noch im Dichten bewandert war, wurde sie 1974 aufgefordert, sich doch einmal an einem Richtspruch zu versuchen. Inzwischen besitzt Eva Bergmeier sogar eine echte Hamburger Zimmermannskluft, und das Reimen an sich geht ihr recht locker von der Hand. Aber in einen "Hebweih-Spruch" müssen auch Fakten rein: Eva Bergmeier wälzt Geschichtsbücher, sammelt Informationen über die prominenten Gäste, die zur Feier eingeladen sind und erkundigt sich bei den Arbeitern auf der Baustelle nach lustigen Vorkommnissen während der Bauzeit. Gab es denn noch nie Probleme, wenn eine Frau in eine solche Männerdomäne eindringt? "Nein", sagt Eva Bergmeier, "die Männer reagieren immer sehr gut. Man muß halt die Sprache der Arbeiter sprechen und darf net verraten, von wem man seine Informationen hat." In einem Richtspruch müsse jeder "angeschossen" werden, aber nicht auf beleidigende Art. "Eine Frau mit Humor kann sich dabei oft mehr leisten als ein Mann", meint sie.
Die Schwabingerin erzählt bereitwillig und lebhaft aus ihrem Leben, zitiert einen Richtspruch nach dem anderen, ein Gedicht nach dem anderen (aus ihrem Buch: "A Esel wann schreit") - aber eines will sie nicht verraten: ihr Alter. "Des schreibn mir nirgends nei, schreibns halt, sie ist zeitlos." Sogar in der Biographie ihres Gedichtbandes steht lediglich: "In einer eiskalten Mainacht achtpfündig geboren." Obwohl sie schon oft bei Richtfesten ans Rednerpult getreten ist, plagt sie nach wie vor das Lampenfieber und eine "Mords-Nervenanspannung". Aber wenn die Gäste zum ersten mal geklatscht haben, ist die Nervosität weg. Spaß hatte Eva Bergmeier an allen "ihren" Richtfesten, das Schönste aber war "des mit Tandler". Vielleicht deshalb, weil ihr der Finanzminister nach dem Hebauf beim Erweiterungsbau der Oberfinanzdirektion einen Brief geschrieben hatte mit einem dicken Lob für ihren Richtspruch: "Sie haben das toll gemacht, alle Achtung."

Doris Breitsameter

Süddeutsche Zeitung

15./16.12 .1984 Seite 20

MünchnerVerserl zum Lesen und Hören

Einen ungewöhnlichen Weg hat die Mundartautorin und Laienschauspielerin Eva Bergmeier eingeschlagen, um ihre Gedichte bekanntzumachen: Sie gab ihr Erstlingswerk "A Esel wann schreit" (44 Seiten) im Eigenverlag heraus und fügte gleich - quasi im "Medienverbund" - eine Tonkassette bei, auf der sie ihre Gedichte in , Münchner Mundart selbst spricht. Sie beschreibt darin zum Beispiel Stammtisch- und Hofbräuhaus-Szenen, das alte Schwabing, Wies'n-Begegnungen, ländliche Impressionen, die Au, eine "ausg'schaamte Faschingsprinzessin", einen , "Feierdog an da Isar" oder die "Lebensphilosophie einer Molligen". Die Illustrationen stammen von Irma Schüle-Matzdorff. Erhältlich ist das Buch samt Kassette (30 Mark) bei "etcetera" in der Wurzerstraße und bei Hugendubel am Marienplatz.

wms

 

Aus deutschem Hinterwald


Frank Sporkmanns "Fidibus" unter Armin Petras' Regie in Leipzig uraufgeführt Schicksalstag 21. März - Frühlingsanfang. Sie hat die Versandhaus-Blümchenbluse gekriegt und im Vorgarten die Krokusse besprengt. Er hat im Kalender ein Kreuz gemacht. Nicht wegen der Blümchen. Wegen Koslowski, dem Eigenbrödler. Der hat sich an diesem Tag aufgehängt. "Ist doch schon zu wissen, wenn im Dorf etwas geschehen ist", sagt er und sie: "Aha." Erhellenderes haben die beiden in Unterzeug gewandeten Wabbelbäuche nicht mitzuteilen. Aber reden muß man ja irgendwie. Oder fernsehen. Oder saufen. Oder bumsen. Wenn sie ihm kichernd das kippelnde Schnapsglas auf die Glatze stellt, ist das fast so erregend wie die jährliche Busreise nach Berchtesgaden. Ansonsten ist die Wahrnehmung von Wirklichkeit nicht ungedingt durch eine Ereignisschwemme getrübt. "Uns geht's gut", sagt sie und zählt auf: "Weihnachten, Ostern, Pfingsten. Manchmal denk ich, da müßte es noch was geben. (Lange Pause.) Aber mir fällt nichts ein."
Weil ihr nichts einfällt, fällt ihr manches auf. So etwa, daß es ihn immer wieder dienstags, wenn die Rothaarige im Fernsehen ist, übermannt, daß er aufs Klo muß und … Doch heute ist zum Glück Donnerstag. Und da will sie ihn, und er will sie nicht. Weshalb sie ihn beharrlich ans zweite Kreuz in seinem Kalender erinnert, das für Frau Belatzki, die schöne Polin, die an einem schönen Herbsttag ganz überraschend in ihrem schönen Haus verbrannt ist. Hat er nun mit ihr oder hat er nicht?
Um diese und ähnliche erhebende Fragen dreht sich's in Frank Sporkmanns "Fidibus", das jetzt im Leipziger "Horch und Guck", einer Intimspielstätte des städtischen Schauspiels, uraufgeführt worden ist. Ein kleines Stück aus deutschem Hinterwald und dumpfem Hinterhalt. Ein Thema, das an den jungen Kroetz, eine Sprache, die an Horvath erinnert. Wo der Stille notiert, steht bei Sporkmann Schweigen. Manchmal heißt es auch Sie trinken, manchmal Beide lachen. Doch zu lachen gibt's nicht viel. Weder fürs Publikum noch für das fast unbewegt auf weichen Sofakissen klebende Ehepaar. Dann und wann ein mattgeiles Reiben am Schenkel , hin und wieder eine schnell in Kraftlosigkeit erschlaffende Geste. Stimmen, die tonlos aus der Gruft kommen oder ohrenbetäubend zetern, schmatzen, grunzen. Zwischenlagen sind längst perdu.
Genießerisch läßt Michael Mechel die Augen über die Decke und die Zunge über seine fleischigen Lippen gleiten. "Jeder ist für sein eigenes Leben verantwortlich", sagt er, und seine liebe Frau (Martina Eitner-Acheampong) nickt bekräftigend: "Das ist das Wichtigste." Auch sonst ist klar, was wichtig ist. Fußball, Porno und einmal in der Woche sturzbesoffen und bekotzt auf allen Vieren. Wer vergewaltigt und Häuser anzündet, bleibt ein Mensch, wer schwul ist und eine Amsel rupft, ist keiner. Solche Gewißheiten keimen nicht auf der Chaiselongue. Man gewinnt sie alljährlich neu in Berchtesgaden. Beim freien Blick über die Berge. Bei den "Erinnerungen an den Führer und Eva Braun und seinen Schäferhund".
Sporkmann steigt mit seinen Figuren tief hinab. Dorthin, wo nichts mehr sich regt, wo es so dunkel ist, daß ab und an ein kleines Feuer angezündet und "Fidibus" gespielt werden muß - wie es die bewunderten Dorfveteranen annodazumal auf den Kameradschaftsabenden im Kessel von Stalingrad zu tun pflegten. Einer steigt mit Zeitungsbüscheln um die Hüften auf den Tisch, und die anderen versuchen, den wild Tanzenden anzustecken. Fidibus, erzählt unser Sofafurzer beiläufig, haben alte und neue Kameraden auch im Haus der Belatzki gespielt. Und dann sind sie alle, bis auf Koslowski, den Schlappschwanz, "über sie drüber". Aus Rache. Für die Schminke im Gesicht und für die "säuischen Strümpfe", für ihren Mann, "der noch Arbeit hatte" und dafür, daß sie Ausländerin gewesen ist.
Der Abend in Leipzig ist eine zweifache Entdeckung: die eines unbekannten Autors und die eines bekannten Regisseurs von einer unbekannten Seite. Der 42 Jahre alte Sporkmann stammt aus der DDR, er war lange mit Publikations- und Aufführungsverbot belegt, seine mehr als dreißig Theaterstücke sind größtenteils ungespielt. Der knapp zehn Jahre jüngere Armin Petras, Regieturbo in Nordhausen, Leipzig und gelegentlich Berlin, hat sich bislang durchs obligate Verhackstücken klassischer Texte und allerhand eigenwillig Kunstgewerbliches einen Namen gemacht. Jetzt treffen sich der Unbekannte und der unbekannte Bekannte zu einem ersten Zusammenspiel. "Fidibus" in Leipzig ist kein Hokuspokus. Es ist realistisches Menschentheater. Auf dem Sofa sitzen weder Spießer noch Monster. Es sind Elende, Menschen, die nicht Hohn verdienen, sondern Erbarmen.

DER TAGESSPIEGEL - Friedemann Kusche 26.10.1997

 

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  fs-kopf Frank Sporkmann  
     
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